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Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit einem „Paukenschlag-Urteil“ vom 26.03.2020 (Rs. C-66/19) den sogenannten Widerrufsjoker für Verbraucherkredite wiederbelebt hatte, ist der Bundesgerichtshof (BGH) dem mit zwei Beschlüssen vom 31.03.2020 (Az: XI ZR 198/19 und Az: XI ZR 581/18) entgegen getreten. Nach Auffassung des BGH hat die Gesetzlichkeitsfiktion des nationalen Rechts Vorrang gegenüber der vom EuGH als unzulässig angesehenen Kaskadenverweisung.
In seinem Urteil vom 26.03.2020 hat der EuGH entschieden, dass die in Verbraucherkreditverträgen seit Juni 2010 standardmäßig verwendeten Widerrufsbelehrungen unvereinbar mit europäischem Recht sind.
Laut EuGH gehören zu den Informationen, die nach der Richtlinie 2008/48/EG (Verbraucherkreditrichtlinie) in einem Kreditvertrag in klarer und prägnanter Form anzugeben sind, auch die Modalitäten zur Berechnung der Widerrufsfrist. Die in vielen Widerrufsbelehrungen anzutreffende Klausel enthalte jedoch lediglich einen Verweis auf die nationale Vorschrift des § 492 Abs. 2 BGB, die ihrerseits auf weitere Rechtsvorschriften verweist. Die maßgebliche Klausel lautet:
„Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. …“
Hierdurch werde der Verbraucher regelrecht auf eine Schnitzeljagd durch mehrere Gesetzesbücher geschickt, um den Beginn der Widerrufsfrist berechnen zu können. Durch diesen Kaskadenverweis in der Widerrufsbelehrung würden dem Verbraucher somit gerade nicht in übersichtlicher Form die für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erforderlichen Pflichtangaben zur Verfügung gestellt, sodass ein solcher Verweis unzumutbar und unvereinbar mit europäischem Recht sei.
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Von dem Urteil des EuGH betroffen sind grundsätzlich sämtliche von 2010 bis 2016 in Verbraucherkreditverträgen verwendeten Widerrufsbelehrungen.
Durch Verwendung einer Widerrufsbelehrung, die eine unzulässige Kaskadenverweisung enthält, wurde der Verbraucher nach Auffassung des EUGH nur unzureichend über sein Widerrufsrecht belehrt mit der Folge, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen hat. Mithilfe dieses sog. Widerrufsjokers könnten daher die entsprechenden Kreditverträge auch noch Jahre nach Vertragsschluss widerrufen werden.
Insbesondere für zwischen dem 30.07.2010 und dem 20.03.2016 abgeschlossene Immobilien- und Kfz-Kredite ergeben sich bei der weiterbestehenden Möglichkeit eines Widerrufs somit interessante Möglichkeiten der Gestaltung.
So haben Immobilienbesitzer die Möglichkeit, sich vorzeitig aus einer Baufinanzierung lösen zu können, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig wird. Es besteht so die Möglichkeit der Umschuldung auf das aktuell niedrige Zinsniveau.
Im Falle des Widerrufs einer Kfz-Finanzierung besteht insbesondere für Diesel-Besitzer nun die Möglichkeit, auf diese Weise ihr Fahrzeug, das durch den Abgasskandal in den vergangenen Jahren enorm an Wert verloren hat, zurück geben zu können und ihre Anzahlung sowie sämtliche Raten zurück zu erhalten.
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EuGH: „Es gibt kein ewiges Widerrufsrecht.“
Widerrufsjoker bei Verbraucherkrediten: Sowohl durch den EuGH als auch durch den BGH wurde bereits in der Vergangenheit klargestellt, dass im Falle einer unzureichenden Belehrung über das Widerrufsrecht ein solches trotzdem nicht grenzenlos ausgeübt werden kann.
So hat der BGH Kriterien für die Verwirkung des Widerrufsrechts nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB aufgestellt. Das Vorliegen der Verwirkung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Hierbei sind insbesondere ein Zeitmoment (Zeit zwischen Vertragsschluss und Erklärung des Widerrufs) und ein Umstandsmoment zu berücksichtigen. Ein solches, eine Verwirkung begründendes, Umstandsmoment kann beispielswiese darin liegen, dass der Darlehensvertrag auf Wunsch des Verbrauchers einvernehmlich beendet wurde. Ebenso ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Darlehensgeber bereits Sicherheiten frei gegeben hat.
Auch der EuGH hat in seinem Urteil vom 11.09.2019 (Rs. C-143/18) entschieden, dass es „kein ewiges Widerrufsrecht“ gibt und der Widerruf eines im Fernabsatz geschlossenen Darlehensvertrages nicht mehr möglich ist, wenn der Vertrag vor Ausübung des Widerrufsrechts auf Wunsch des Verbrauchers von beiden Seiten bereits voll erfüllt ist. Ein Widerruf käme daher nur in der Zeit zwischen Antragstellung und Auszahlung der Kreditsumme in Betracht. Die Anwendung dieses Maßstabes auch auf nicht im Fernabsatz geschlossene Verbraucherdarlehensverträge ist hingegen eher unwahrscheinlich.
In seinen Beschlüssen vom 31.03.2020 tritt der BGH dem Urteil des EuGH nun entgegen. Nach Auffassung des BGH habe die Gesetzlichkeitsfiktion nationalen Rechts Vorrang gegenüber der laut EuGH unzulässigen Kaskadenverweisung. Eine richtlinienkonforme Auslegung scheide aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts aus.
Der BGH weist darauf hin, dass der deutsche Gesetzgeber in Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB ausdrücklich bestimmt hat, dass durch Verwendung der gesetzlichen Muster-Widerrufsinformation die Anforderungen an die Belehrung über das dem Verbraucher zustehende Widerrufsrecht erfüllt sind.
Eine richtlinienkonforme Auslegung komme wegen des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips nicht in Betracht, da der Wille des Gesetzgebers in der Vorschrift klar zum Ausdruck komme und nicht übergangen werden dürfe.
Nach Ansicht des BGH genügen damit Widerrufsbelehrungen, die dem gesetzlichen Mustertext entsprechen, den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung.
Widerrufsjoker bei Verbraucherkrediten: Durch seine Beschlüsse hat der BGH die Entscheidung des EuGH zum Widerrufsjoker vorerst gekippt. Sofern also die gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrungen verwendet wurden, wurde der Verbraucher nach BGH-Rechtsprechung ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt mit der Folge, dass der Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages, der zwischen 2010 und 2016 geschlossen wurde, zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr möglich ist.
Das letzte Wort zum „Widerrufsjoker“ wird noch nicht gesprochen sein. In der Sache wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu klären haben, ob der BGH gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht verpflichtet gewesen wäre, den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Auslegung der Verbraucherkreditrichtlinie anzurufen und daher vorliegend seine Vorlagepflicht an den EuGH und somit auch den Anspruch auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG willkürlich verletzt hat.
Laut EuGH (Urteil vom 11.09.2019, Rs. C-143/18) sind die nationalen Gerichte zu einer Abänderung einer gefestigten Rechtsprechung verpflichtet, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie nicht vereinbar ist.
Fraglich ist außerdem, ob der deutsche Gesetzgeber die Vorschrift des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB, die eben jene Gesetzlichkeitsfiktion enthält, auf die der BGH seine beiden Beschlüsse maßgeblich stützt, überhaupt hätte erlassen dürfen. So lautet Erwägungsgrund 9 der Verbraucherkreditrichtlinie:
„Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Gemeinschaft ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Den Mitgliedstaaten sollte es deshalb nicht erlaubt sein, von dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen. …“
Weiterhin zu klären bleibt daher die Frage, ob die mangelhafte Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie durch den deutschen Gesetzgeber staatshaftungsrechtliche Ansprüche begründen kann.
Es bleibt somit bei der Frage des Widerrufsjokers spannend und wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen selbstverständlich informieren. Sollten Sie von dieser Frage betroffen sein, stehen Ihnen die Rechtsanwälte der Kanzlei am Strohberg gerne für einen persönlichen Beratungstermin zur Verfügung. Haben Sie noch Fragen? Nehmen Sie Kontakt mit unserer Anwaltskanzlei in Plön auf!
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