Aktuelle Mietrecht Urteile

Zusatz "i.A." und die Schriftform des § 568 Abs. 1 BGB

Grundsätzlich muss die Kündigung eines Mietverhältnisses schriftlich erfolgen, vgl. § 568 Abs. 1 BGB, wobei die Vertretung bei Abgabe der Kündigungserklärung grundsätzlich möglich ist. Entscheidend ist, dass die Stellvertretung offen gelegt und durch den Vertreter eigenhändig unterschreiben wird. Bei dem Zusatz „i.A.“ ist hingegen zunächst davon auszugehen, dass der Vertreter für den Inhalt der Erklärung keine Verantwortung übernehmen möchte und lediglich als Bote auftritt. Es sind daher weitere besondere Umstände erforderlich, aus denen hervorgeht, dass die Unterzeichnung mit „i.A.“ von einem Vertreter abgegeben wurde, sodass die Form des § 568 Abs. 1 BGB gewahrt ist.

LG Wuppertal, 04.08.2021 , 9 T 128 / 21

"Boardinghouse"-Vermietungen als genehmigungspflichte Nutzungsänderungen

Die kurzfristige Vermietung einer Wohnung an ständig wechselnde Gäste („Boardinghouse“) stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar. Hierbei ist unerheblich, ob die Vermietung unmittelbar, oder ob eine langfristige Vermietung an ein Unternehmen erfolgt, das seinerseits an ständig wechselnde Personen weiter vermietet.

OVG Niedersachsen, 26.07.2021 , 1 LA 58 / 21

Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Untermiet-Antrag

Bei einem Antrag auf teilweise Gebrauchsüberlassung nach § 553 BGB ist erforderlich, dass dieser Angaben zum räumlichen Überlassungskonzept enthält. Ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis besteht frühestens dann, wenn sich aus dem Antrag ausdrücklich oder zumindest konkludent ergibt, dass keine vollständige Überlassung der Mietsache beabsichtigt ist, sondern lediglich eine im Einklang mit § 553 Abs. 1 BGB stehende Vermietung eines konkret zu bezeichnenden „Teils des Wohnraums“.

LG Berlin, 15.07.2021 , 67 S 87 / 21

Störung der Geschäftsgrundlage wegen coronabedingtem Beherbergungsverbot

Die Nichtnutzbarkeit eines Pachtobjekts durch die durch landesrechtliche Corona-Schutzverordnungen verfügten Verbote der Beherbergung von Privatreisenden und der Öffnung eines Restaurantbetriebs in einem Hotel fällt in das Verwendungsrisiko des Pächters und stellt somit keinen Mangel dar. Allerdings liegt hierdurch eine schwerwiegende Störung der Geschäftsgrundlage vor, die selbst bei nicht vollständigem Ausbleiben von Umsätzen eine Anpassung des Pachtzinses (mit Ausnahme der verbrauchsabhängigen Betriebskosten) auf die Hälfte rechtfertigen. Staatliche Unterstützungsleistungen für den Pächter oder ähnliche Ersatzleistungen sind allenfalls in Ausnahmefällen zu berücksichtigen.

LG Krefeld, 14.07.2021 , 2 O 58 / 21

Anspruch des Mieters auf Rückzahlung geleisteter Betriebskostenvorauszahlungen bei fehlender Abrechnung

Rechnet der Vermieter über Betriebskosten nicht fristgerecht ab, kann der Mieter bei beendetem Mietverhältnis die Vorauszahlungen direkt zurückverlangen, ohne zunächst den Umweg über eine Klage auf Erteilung einer Nebenkostenabrechnung gehen zu müssen. Anderenfalls wäre es dem Vermieter möglich, die Fälligkeit eines Erstattungsanspruchs des Mieters nach Belieben hinauszuzögern, sodass die Abrechnungsfrist ohne praktische Bedeutung bliebe. Im laufenden Mietverhältnis ist der Mieter hingegen hinreichend durch die Möglichkeit der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes geschützt.

BGH, 07.07.2021 , VIII ZR 52 / 20

Zahlungsverpflichtung des Mietzinses für Veranstaltungsräume anlässlich einer Hochzeitsfeier trotz Kontakt- und Veranstaltungsbeschränkungen

Die Überlassung der Mietsache wird ungeachtet geltender Kontakt- und Veranstaltungsbeschränkungen nicht unmöglich. Eine mit der Corona-Verordnung geltende Regelung über die Beschränkung der Teilnehmerzahl an Veranstaltungen auf nicht mehr als 50 Personen bezieht sich nicht auf die Mietsache, sondern generell auf die Zusammenkunft von Personen. Sie knüpft damit nicht an der Beschaffenheit der Mietsache an und betrifft nicht ihre Benutzbarkeit. Die vor dem Hintergrund der Pandemie getroffene gesetzliche Beschränkung der maximalen Größe von Zusammenkünften bzw. Veranstaltungen, die sich lediglich indirekt auf den Gebrauch der Mietsache auswirkt, betrifft mithin das von dem Mieter zu tragende Verwendungsrisiko. Lt. AG Hannover erscheint allenfalls eine hälftige Teilung des sich mit der Pandemie realisierten Risikos und somit eine hälftige Teilung der Miete angemessen.

AG Hannover, 28.06.2021 , 540 C 2255 / 21

Umlegung von Treppenhaus-Reinigungskosten

Die Kosten der Treppenhausreinigung können durch den Vermieter als Betriebskosten auf alle Mieter umgelegt werden, auch wenn einzelne Mieter nur die Kellertreppe des Treppenhauses benutzen. Wenn die Reinigungsarbeiten mangelhaft sind, kann der Vermieter bei der Abrechnung jedoch nicht die vollen Kosten hierfür ansetzen. Die Beweislast für die mangelhafte Durchführung der Reinigungsarbeiten liegt bei den Mietern.

AG Brandenburg, 27.05.2021 , 31 C 295 / 19

Kostentragung bei Anmietung von Räumlichkeiten für eine Feier, die aufgrund der Coronapandemie abgesagt werden muss

Werden Räumlichkeiten zur Durchführung einer Feier angemietet, die aufgrund der Coronapandemie nicht stattfinden kann, liegt das Risiko, die angemieteten Räume nutzen zu können, grundsätzlich beim Mieter. Selbst wenn sich die Umstände nach Vertragsschluss durch die Coronapandemie schwerwiegend verändert haben, besteht in erster Linie ein Anspruch auf Vertragsanpassung. Ein Rücktritt kommt nur ausnahmsweise in betracht, wenn eine Vertragsanpassung im Einzelfall unzumutbar ist.

LG München I, Urteil vom 29.04.2021, 29 O 8772/20

Mieterhöhungsverlangen nach Teilmodernisierungen

Werden tatsächlich trennbare Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen einer Gesamtmodernisierungsmaßnahme durchgeführt, können mehrere Mieterhöhungen bezüglich jeweils abgeschlossener Maßnahmen erklärt werden. Die Modernisierungsankündigung stellt insoweit keine Einschränkung dahingehend dar, die Kosten einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung auch gestaffelt auf den Mieter umzulegen.

BGH, 28.04.2021 , VIII ZR 5 / 20

Stornierung einer Hotelbuchung vor erfolgter Änderung der Coronaschutzverordnung

Storniert ein Hotelkunde seine Buchung zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Tagung aufgrund der seinerzeitigen Coronaschutzverordnung noch hätte durchgeführt werden können, fällt die Stornierung in seine Risikosphäre. Wird die Tagung sodann jedoch aufgrund einer Änderung der Coronaschutzverordnung abgesagt, kann ein pauschalierter Stornoausfallschaden durch das Hotel nicht geltend gemacht werden.

AG Kassel, Urteil vom 20.04.2021, 435 C 3090/20

Herabsetzung der Geschäftsraummiete wegen Corona-Lockdown

Eine staatlich angeordnete Geschäftsschließung im Rahmen der Coronapandemie stellt keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel dar. Allerdings liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor. Sofern diese länger als einen Monat andauert, wird hierdurch regelmäßig ein Anspruch auf Vertragsanpassung dahingehend begründet, dass die vertraglich vereinbarte Kaltmiete für den Zeitraum der angeordneten Geschäftsschließung um 50 % herabgesetzt wird. Eine Herabsetzung der Miete kann auch bei nicht konkret nachgewiesener Existenzbedrohung erfolgen.

KG Berlin, Urteil vom 01.04.2021, 8 U 1099/20 und OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021, 5 U 1782/20

Zeitlicher Zusammenhang zwischen Modernisierungsankündigung und Maßnahmenbeginn

Es bedarf keines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen einer Modernisierungsankündigung und des angekündigten voraussichtlichen Beginns der Maßnahme im Sinne eines fortgeschrittenen Planungsstandes. Es genügt vielmehr, wenn die Planungen so weit fortgeschritten sind, dass die inhaltlichen Anforderungen einer Modernisierungsankündigung eingehalten werden können.

BGH, Urteil vom 18.03.2021, VIII ZR 305/19

Corona-Pandemie kein Anhaltspunkt für erschwerte Wohnraumsuche

Die Einschränkungen durch die Coronapandemie betreffen Mieter und Vermieter gleichermaßen. Aus diesem Grunde ist die Coronapandemie für sich allein noch nicht als Anhaltspunkt für eine erschwerte Wohnraumsuche zu sehen. Der Mieter muss vielmehr weiterhin, wie üblich, nachweisen, um welche Wohnungen er sich beworben hat und aus welchen Gründen eine Anmietung gescheitert ist.

AG Eschweiler, 08.03.2021 , 25 C 165 / 20

Verstecktes Bargeld in Mietwohnung keine Fundsache

 Hat ein verstorbener Vormieter Bargeld in der Mietwohnung versteckt, so darf der Nachmieter, der dieses entdeckt, das Geld nicht behalten. Denn mit dem Tod des ursprünglichen Eigentümers geht der Besitz unmittelbar auf die Erben über, sodass es sich nicht um eine Fundsache im Sinne der Vorschriften des BGB handelt.

AG München, Urteil vom 05.03.2021, 111 C 21915/19

Vollständigkeitsklauseln im Gewerberaummietvertrag

Eine Vollständigkeitsklausel in einem Gewerberaummietvertrag gibt lediglich die ohnehin greifende Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit einer Vertragsurkunde wieder und begründet keine unwiderlegbare Vermutung für das Nichtbestehen mündlicher Nebenabreden.

BGH, Urteil vom 03.03.2021, XII ZR 92/19

Hohes Alter allein keine unzumutbare Härte im Falle einer Kündigung

Eine im Falle einer Kündigung von Wohnraum vorliegende unzumutbare Härte kann nicht allein auf das hohe Alter des Mieters gestützt werden. Art, Umfang und konkrete Auswirkungen eines infolge einer Kündigung erforderlichen Wohnungswechsels auf die Lebensführung des Mieters müssen vielmehr anhand individueller Umstände dargelegt und ggf. durch ein Gutachten nachgewiesen werden.

BGH, Urteil vom 03.02.2021, VIII ZR 68/19

Fristlose Kündigung einer Ferienwohnung wegen Coronapandemie möglich

Nach dem Ausbruch einer Pandemie kann der Mietvertrag über eine Ferienwohnung – vorliegend in Spanien im Mai 2020 – vor Reiseantritt fristlos gekündigt werden mit der Folge, dass der Vermieter dem Mieter de geleistete Anzahlung vollumfänglich zurückzuzahlen hat.

AG Bremen, Urteil vom 14.01.2021, 9 C 360/20

Nutzungszweck entscheidend für die Einordnung als Wohnraum- oder Gewerberaummietvertrag

Liegt der bei Anmietung der Räume beabsichtige Nutzungszweck in der Weitervermietung an Dritte, so handelt es sich auch dann nicht um ein Wohnraummietverhältnis, wenn der Mietvertrag als „Mietvertrag über Wohnraum“ überschrieben ist. Die Vorschriften über die Wohnraummiete sind daher auf das Hauptmietverhältnis nicht anwendbar.

BGH, Urteil vom 13.01.2021, VIII ZR 66/19

Keine Haftung des vermietenden Eigentümers bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Schadenverursachung durch Mieter

Wird ein von einem im Eigentum des Vermieters stehenden Bauteil ausgehender Schaden ausschließlich durch eine fahrlässige oder vorsätzliche Handlung des Mieters verursacht, so haftet der Vermieter nicht als Zustandsstörer. Eine andere Beurteilung und entsprechende (Mit-)Haftung ergibt sich, wenn eine nicht ordnungsgemäße Beschaffenheit des Gegenstandes zumindest mitursächlich für den entstandenen Schaden war.

BGH, Urteil vom 18.12.2020, V ZR 193/19

Höhe der vom Untermieter bei nicht erfolgter Räumung zu zahlenden Nutzungsentschädigung

Der Untermieter, der nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses und erfolgter Räumung durch den Hauptmieter die Räumlichkeiten nicht an den Eigentümer herausgibt, schuldet diesem innerhalb einer ihm gewährten Räumungsfrist Schadensersatz in Höhe der für die gesamte Wohnung anzusetzenden Nutzungsentschädigung.

BGH, Urteil vom 11.12.2020, V ZR 26/20

Versterben in der Wohnung fällt unter vertragsgemäßen Gebrauch

Im Falle eines unbemerkten Versterbens des Mieters in der Wohnung und daraus resultierender Erforderlichkeit erheblicher Reinigungs- und Instandsetzungsarbeiten schulden die Erben des verstorbenen Mieters keinen Aufwendungs- oder Schadensersatz. Denn das Sterben in der Mietwohnung und die infolgedessen eintretenden Beeinträchtigungen der Wohnung durch z.B. Gerüche stellen keine Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs dar.

AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 24.11.2020, 15 C 59/20

Eigenbedarfskündigung bei Umbauplanungen

Will der Vermieter, der eine Eigenbedarfskündigung ausspricht, die Wohnung erst nach erfolgtem Umbau nutzen, steht der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, dass bei deren Ausspruch die Durchführbarkeit der Umbaumaßnahmen noch nicht sicher gewährleistet ist, sofern der Vermieter die Wohnung jedenfalls auch dann nutzen will, wenn die Umbaumaßnahmen nicht wie geplant durchgeführt werden können.

AG Hamburg, Urteil vom 08.09.2020, 25a C 286/19

Aktuelle Mietrecht Urteile – Benötigen Sie einen Anwalt für Mietrecht?

Haben Sie Fragen zu aktuelle Mietrecht Urteile? Melden Sie sich bei unserem Anwalt für Mietrecht!

5/5 - (1 vote)